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Der Stadtteil hat es nicht leicht, so ganz in der Mitte, umzingelt von vielen anderen, wie Wedding, Mitte, Reinickendorf, Prenzlauer Berg, Pankow und Moabit. So bleibt es nicht aus, dass die Übergänge zu allen anderen fließend sind. Ein bisschen pompöses Mitte, ein bisschen veganes Prenzelberg, ein bisschen Armenmilieu aus dem Wedding, Spielhallen und Shisha-Bars. Da bleibt nicht viel für ein eigenes Image im kleinen Kern. Spannend ist es an den Rändern. Auf der Bornholmer Straße wird die übermächtige Erinnerung an den Mauerbau wachgehalten. An der Grenze zu Mitte gibt es ein paar schöne Läden, nicht ganz so chic, aber individuell. Weit abseits von den bekannten Labeln in den pompösen Shoppingzentren. Wer hier etwas sucht, das seinem Stil gerecht wird, findet es auch. Große Verbundenheit gibt es mit dem Wedding. Die beiden Stadtteile gehörten zusammen, bis sie durch die Bezirksreform auseinander gerissen wurden. Die Redaktion der glamourösen Stadtteilzeitung „Der Wedding“ hat ihren Sitz in Gesundbrunnen in dem ehemaligen Rotaprint-Gebäude. Ebenso einige Startups, die eigentlich mit dem Wedding in Verbindung gebracht werden möchten. Selbst der Hertha Fanclub Wedding hat seine Stammkneipe in Gesundbrunnen, wo die Hertha ursprünglich gegründet wurde und ihren ersten deutschen Meistertitel holte. Zu allem Überfluss steht eines der schönsten Gebäude, nämlich das Amtsgericht Wedding, auch in Gesundbrunnen. Dass selbst die Presse in Berlin große Schwierigkeiten hat, die beiden Stadtteile auseinander zu halten, verdeutlicht die folgende Schlagzeile „Gesundbrunnen – Polizei Großeinsatz im Wedding“.
Eigentlich fuhr man ursprünglich zum Baden nach Gesundbrunnen, was der Name bereits nahelegt. Mit dem gesunden Wasser, das angeblich ewige Jugend versprach, kamen auch viele neue Wirtshäuser, Biergärten und andere Amüsierbetriebe. Nach dem Zweiten Weltkrieg ging es nach Gesundbrunnen zum Shoppen, vor allen Dingen für die Ostberliner. Hier konnten sie alles erwerben, was im Osten Mangelware war. Das war mit dem Mauerbau über Nacht zu Ende. Mit den rückläufigen Besucherzahlen ging auch die Attraktivität des Stadtteils verloren. Erst nach der Wende versucht man mit einem modernen Shoppingcenter am S-Bahnhof alte Besucher wieder anzulocken. Inzwischen ist der Stadtteil bevorzugter Wohnort verschiedener arabischer Großfamilien, die ihren bizarren Streit gerne auch in der Öffentlichkeit austragen und sich dabei jegliche Einmischung – auch durch die Polizei – energisch verbieten.
Aber auch diese Zeiten werden überwunden. Inzwischen sind sowohl Gesundbrunnen als auch der Wedding zu den Geheimtipps in Berlin avanciert. Was in aller Regel bedeutet, dass das nicht mehr lange geheim bleibt. Es gibt neue Cafes und Restaurants, die Leute sitzen wieder auf der Straße, kleine Galerien eröffnen, junge Frauen versuchen sich mutig mit neuen Geschäftsideen. Also fahrt jetzt nach Gesundbrunnen, bevor es zu spät ist, und meckert später nicht über die allseits grassierende Gentrifizierung.
Gemälde an einer Hauswand der Bernauer Straße, das an die Teilung Berlins erinnert