Schwarzfahren wurde in Berlin abgeschafft

Das ist doch eine gute Nachricht! Aber nur auf den ersten Blick. Denn die Sprachpolizei hat mal wieder unerbittlich zugeschlagen. Die nimmt Anstoß an dem Begriff, weil er assoziieren könnte, dass überwiegend schwarze Menschen eine Freifahrt für sich in Anspruch nehmen. Daher heißt der Vorgang jetzt „Fahren ohne gültige Fahrerlaubnis“, was das Ganze etwas sperrig macht. Die Höhe des Bußgeldes hat sich allerdings nicht verändert. Wenn es um politische Korrektheit geht, kennen die Berliner Behörden keinen Spaß. Da hören sie auch nicht auf Wissenschaftler, die behaupten, der Begriff leite sich vom jiddischen Wort „shvarz“ ab, was so viel wie „arm“ bedeutet. Aber seit wann hören Behörden auf die Wissenschaft? Oder etwa Politiker? Denn kaum war das „Schwarz“- fahren in Berlin abgeschafft worden, da forderten auch Politiker in anderen Kommunen, dem Beispiel der Stadt Berlin zu folgen. Um bei den Farben zu bleiben, überwiegend aus dem grünen und tiefroten Milieu, überhaupt nicht von den Schwarzen.

Politische Korrektheit führt in der deutschen Sprache nicht selten zu merkwürdigen Ergebnissen. Gregor Gysi hat diese Korrektheit schon früh in seine Rede einfließen lassen. Er gebrauchte, wo immer möglich, sowohl die männliche als auch die weibliche Form bei der Ansprache. Dabei stieß er oft an die Grenze seiner erlaubten Redezeit, wurde im Bundestag ermahnt und musste deswegen hin und wieder abbrechen, bevor er zum Kern seiner Rede vorstoßen konnte. Gysis Reden wären allerdings heute auch nicht mehr politisch korrekt, da die Geschlechtervielfalt sich dual nicht mehr abbilden lässt.

Die Lufthansa macht soeben die gleiche Erfahrung und ersetzt das „Sehr geehrte Damen und Herren“ durch „Liebe Gäste“. Aber das ist auch zu kurz gesprungen. Denn „Gäste“ ist der Plural von „Gast“, also männlich.

Die Verschandelung der deutschen Sprache wird von den Befürwortern regelmäßig mit drei Argumenten verteidigt.

Das erste und wichtigste Argument ist, dass sich die Sprache immer weiter entwickelt. Als Beispiel werden gerne die Amerikanismen angeführt. Dabei wird übersehen, dass in diesem Fall sich die Sprache im Volksmund entwickelt hat, der für bestimmte Ausdrücke die englische Fassung präziser oder „cooler“ fand. Die Begriffe fanden allgemein Zuspruch und bereicherten damit den Wortschatz. Anders ist es mit den gendergerechten Pluralen oder politisch korrekten Worten. Die bildeten sich nämlich nicht in der Bevölkerung, sondern wurden zunächst von Ämtern durch Verordnung vorgegeben. Es blieb nicht bei so harmlosen Beispielen, wie „Studierende“. Im Fokus waren insbesondere Wörter, welche auf „er“ endeten, da sich hier nicht der gleiche Mechanismus anwenden ließ. Also erfand man den Doppelpunkt, der beim Sprechen als Pause interpretiert wird. Hier weichen zum ersten Mal Schreiben und Sprechen in der Deutschen Sprache erheblich voneinander ab. Aber wenn man einmal mit der Regulierung der Sprache beginnt, gibt es kein Halten mehr. Die Sprachpolizei kümmert sich auch um angebliche Diskriminierung. Da geht es um Umbenennung von Straßen, Produkten und Volksgruppen. Einige Wörter sind seitdem Unwörter und werden nur noch mit einem Buchstaben und Sternchen geschrieben. So gibt es das „N….“-Wort oder „Z…….“-Wort. Was mit der Sprache passiert, wenn sich die Behörden ihrer annehmen, kennt jeder, der damit konfrontiert wird. Es gibt den Begriff des „Behördendeutsch“. Das bedeutet nicht weniger als „es ist kein Deutsch, sondern eine Verunglimpfung der Sprache“. Wenn ich in Berlin mit U- oder S-Bahn unterwegs bin, muss ich mir vor jeder Haltestelle anhören. „Achtung, Türen können automatisch öffnen“. Was ich immer für selbstverständlich hielt. Nämlich, dass sie das können. Aber seit Corona tun sie das auch.

Nach den Behörden haben sich nun auch die meisten Presseorgane und die öffentlichen Rundfunkanstalten diesem Unfug angeschlossen. Selbst in Unternehmen wird durch Verordnung die Sprache geregelt. Inzwischen gibt es auch Wörterbücher mit dem Zweck, geschlechterneutrale Begriffe ein für alle Mal festzuschreiben. Da heißen Tante oder Onkel jetzt Elterngeschwister.

Das zweite Argument der Befürworter der politisch korrekten Schreibweise lautet: „Sprache verändert das Bewusstsein und fördert damit die Gleichberechtigung der Betroffenen“. Das ist ziemlich erschreckend, denn es bedeutet nichts anderes als Manipulation. Sprache zu verändern ist ein beliebtes Mittel der Diktatur und des Marketing. Wenn also ein Chef seiner Mitarbeiterin nicht den gleichen Lohn zahlt, soll ihn die gendergerechte Sprache dazu veranlassen. Wenn es keine Negerküsse mehr gibt, werden Menschen mit dunkler Hautfarbe nicht mehr körperlich angegriffen. Das ist Unsinn und widerspricht der Wirklichkeit.

Das dritte Argument lautet: „Wir Gutmenschen müssen uns für die Rechte von Minderheiten einsetzen, damit ihnen Gerechtigkeit widerfährt. Wenn sie das schon nicht selber in die Hand nehmen.“ Das ist blanker Hohn für die Betroffenen und wird von diesen auch vehement zurückgewiesen. Der Zentralrat der Sinti und Roma (die haben sich selbst so genannt, obwohl der gendergerechte Plural laut TAZ ganz anders lautet) hat erst kürzlich festgestellt: Die Lage seiner Landsleute habe sich in den letzten Jahren in keiner Weise verbessert. Das Gegenteil sei der Fall. Alle ernsthaften Bemühungen, da etwas zu ändern, würden ständig durch Menschen und Organisationen ins Lächerliche gezogen, die sich über Zigeunerschnitzel und den Zigeunerbaron echauffieren. Der muss es ja wissen.

Und der schwarze Koch des Kieler Restaurants „Zum Mohren“ weigert sich vehement, den Namen des Traditionshauses zu ändern. Ein Mohr an der Eingangstür war in alten Zeiten ein Merkmal für herausragende Küche. Davon will er sich nicht trennen.

Nun ist es auch so, dass Schwarzfahren bei Menschen mit schwarzer Hautfarbe nicht häufiger vorkommt als bei anderen. Allerdings auch nicht häufiger bei Armen als bei etwas besser Gestellten. Die Reichen meiden sowieso den Öffentlichen Personennahverkehr. Einigen zum Beispiel gelingt es einfach nicht, dem Automaten für sich und das Fahrrad in angemessener Zeit ein gültiges Ticket zu entlocken und dies auch noch ordnungsgemäß zu entwerten. Andere wieder haben es einfach vergessen. Bei manchen schwächelt auch gerade die Handybatterie, wenn sie ihr E- Ticket vorzeigen wollen. Ich selbst hatte da schon Schweißperlen auf der Stirn, wenn ich mein Wochenticket am späten Nachmittag präsentieren musste.

Und dann sind da noch so coole Typen wie Andy*. Der hat grundsätzlich keinen gültigen Fahrausweis. Er spielt mit den Kontrolleuren. Wenn die ihn sehen, eilen sie schnurstracks auf ihn zu, damit er ihnen nicht entwischt. Aber er bleibt seelenruhig sitzen. Alle anderen Fahrgäste bleiben unbehelligt. Andy ist die Ruhe selbst. Er hat kein Ticket und gibt es unumwunden zu. Kein langes Herumsuchen, keine abgedroschenen Ausreden. Das Bußgeld und den Fahrpreis kann er nicht bezahlen. Also fragen die Kontrolleure nach einem Ausweis, den er ihnen bereitwillig übergibt. Während die nun all die notwendigen Daten in ein Formular eingeben, setzt Andy seelenruhig sein Computerspiel fort. Schließlich erhält er einen Beleg über zu zahlendes Bußgeld und den Ticketpreis. Damit kann er seine Fahrt nun ungestört fortsetzen. Und alle anderen Schwarzfahrer haben die Gelegenheit genutzt, währenddessen an der nächsten Station unbehelligt auszusteigen.

  • Name geändert, aber tatsächlich erlebt
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